"Gardel musste nicht arbeiten, um sich zu retten - es genügte, dass er sang." J. Sebrelli
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Basel beschenkt die Tangoszene
von Rafael Cruz, 22.4.2014 Kommentare zum Artikel im foro de tango
Es war eine erzürnte Besucherin an der Kasse, welche den Grundstein zu einem eher enttäuschenden Festivalbesuch legen sollte. Doch wie so oft im Tango sind es die Überraschungen, welche ihn zu dem machen, was er ist.
Ganz schön frech
Wie kann es sein, dass ich hier nicht mit Euro zahlen kann? fragte die Besucherin vor mir sichtlich pikiert an der Kasse. Mit enervierter Stimme teilte sie der Kassiererin mit, 300 Kilometer Autofahrt hinter sich zu haben und nicht wirklich über die Lust verfüge, nun auch noch einen Bancomaten aufzusuchen. Leider haben wir unsere Anweisungen und ich finde Ihr Benehmen ziemlich frech entgegnete diese und bestand darauf, wenn schon Euro entgegennehmen zu müssen, dann nur zum Kurs von 1:1. Unübersehbar enttäuscht legte die Besucherin also ihren 20 Euroschein auf den Tisch und nahm den Stempel, welcher ihr den Eintritt zur Milonga ermöglichte, entgegen.
Hoppla dachte ich. Was in der Provinz an jeder Migros-Kasse möglich ist, scheint im Dreiländereck Basel nicht ganz einfach zu sein - von wegen Internationales Festival. Und ich dachte für mich - you never get a second chance to make a first impression - zahlte und steuerte die Garderobe an. Vorbei an Bergen von Taschen, Schuhen und anderen Gepäckstücken, welche sich an den Wänden entlang reihten. Musik drang aus dem Unionsaal und ein bis auf den letzten Platz besetzter Raum empfing mich im Basler Volkshaus.
Auch Freunde können irren
Wer tanzen wollte, kam hier voll auf seine Kosten. Täglich fanden am 15. Basler Ostertango, Milongas statt. Von 14.00 bis 07.30 Uhr legten während fünf Tagen rund zehn DJs auf. Unterschiedliche Stile sorgten dafür, dass für jeden Geschmack etwas dabei war und aufgrund der vielen Teilnehmer mangelte es nie an erfahrenen TanzpartnerInnen. Wie von Freunden empfohlen, besuchte ich vor allem die Milongas im oberen Unionsaal. Zu voll und teils auch zu teuer wären die Konzerte, Shows und Milongas mit Livemusik im darunter gelegenen Festsaal, wurde ich vorgewarnt.
Gracias a dios hatte ich, entgegen der freundschaftlichen Empfehlung, doch einen Eintritt für die Tangoparty mit dem Solo Tango Orchestra gekauft und sollte es nicht bereuen. Das junge russische Orchester, bestehend aus fünf Musikern, war eine Klasse für sich. Welche Freude zu ihrer Musik zu tanzen. Was für eine Kraft, was für eine Hingabe und Passion doch in ihrer Musik steckt. Wenn ein Musiker aus Novosibirsk es versteht seine Gäste mit dem Bandoneon auf diese Weise zu verzaubern wie Ivan Talanin so kann es auch sein, dass die Finnen den Tango erfunden haben sollen. Mit zwei langen Sets begeisterte das Orchester am Sonntagabend sein Publikum und machte es unmöglich der Tanzfläche fernzubleiben. Nur Kopfschütteln kann man da jenen entgegenbringen die behaupten lieber zur Musik ab Laptop zu tanzen.
Happy Birthday Ostertango
Fünfzehn Jahre ist es mittlerweile her, dass Cécile Sidler und Romeo Orsini das Festival gründeten und damit dem Tango eine Plattform gaben, welche es immer wieder schafft ein internationales Publikum nach Basel zu locken.
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Zu diesem Geburtstag beschenkten die Tänzer Juana Sepulveda und Chicho Frumboli die beiden Organisatoren und ihre Gäste mit einer eigens dafür geschaffenen Show. Gemeinsam mit Sabrina und Ruben Veliz demonstrierten die vier Argentinier, um was es beim Tango geht. Entführten ihr Publikum auf einen Höhenflug der Leidenschaft, der Gefühle und der Sehnsucht. Rund zwanzig Minuten zogen sie die Zuschauer in ihren Bann und zeigten eine Darbietung, welche ihrem Ruf mehr als gerecht wurde. Tänzerische Spitzenleistung, eine ausgewogene Choreografie und tolle Kostüme machten die Show zum zweiten Höhepunkt des Abends. Der Rahmen war perfekt, ein prächtiger Festsaal, eine grosszügige Tanzfläche und eine unaufdringliche Moderation, die sich auf sympathisch-bescheidene Art aufs Wesentliche beschränkte, sorgten für einen rundum gelungenen Abend.
Die Finnen haben es" erfunden
Am Montag galt es auszuschlafen, den Füssen eine Pause zu gönnen und die Heimfahrt anzutreten. Drei durchgetanzte Nächte und der Besuch diverser Workshops hinterlassen Spuren und wie bei manch anderen Besuchern machten sich auch bei mir die klassischen Festival-Symptome bemerkbar.
Doch irgendein Teufel muss mich geritten haben als ich nach dem Verlassen des Hotels den Weg Richtung Kino statt Autobahn einschlug. Mittsommernachts Tango stand auf dem Flyer, welchen ich am Vorabend eingesteckt hatte und mir zu erklären versuchte, dass der Ursprung des Tangos ein grosses Missverständnis sei. Nicht die Argentinier sondern die Finnen hätten ihn erfunden und dann mit den Matrosen nach Südamerika gebracht. Drei argentinische Musiker machen sich im Dokumentarfilm von Viviane Blumenschein auf den Weg nach Finnland und wollen wissen, was es mit diesem Mythos auf sich hat. Das Publikum lachte laut und spontan, lies sich vom skurrilen Humor mitreisen und applaudierte. Wer die Finnen kennt, weiss wie viel sie mit dem argentinischen Tango gemein haben und wird dem Charme des Films kaum widerstehen können. Zu meinem Leidwesen gesellte sich zu den geplagten Füssen auch noch eine schmerzende Bauchmuskulatur.
Mittsommernachts Tango war nach der sonntäglichen TangoParty mein zweiter, persönlicher Höhepunkt am diesjährigen Ostertango. Eine wundervolle Hommage an den Tango und an diese Essenz die uns alle, unabhängig von Kultur und Herkunft, verbindet.
Das Ostertango Basel ist definitiv ein internationales Festival. An der Bar traf ich Besucher aus Russland, tanzte mit Tangueras aus Paris, sass am Tisch mit Gästen aus Malaga und Neapel und musste auch nicht auf Freunde aus allen Ecken der Schweiz verzichten. Die Workshops begannen mehrheitlich pünktlich, die TangoParty am Sonntagabend war aussergewöhnlich schön und die Organisation gelungen. Rund 2000 Gäste besuchen jährlich gemäss den Organisatoren das Festival und trotzdem liessen sich in der Messestadt Basel auch noch am letzten Tag Hotelzimmer zu fairen Preisen finden. Selbst freie Parkplätze gab es zu meiner Überraschung noch an fast jeder Ecke. Wie machen die Basler das bloss?
Text: Rafael Cruz ist Organisator des Tango im Schloss und Tangoinfizierter im Frühstadium.
Kommentare zum Artikel im foro de tango
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update: 23 Apr 2014
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